Die Stilla-Legende
In Urkunden des Mittelalters ist Stilla von Abenberg nicht bezeugt und doch hat ihr Leben und ihr Wirken, wie uns die Legenden berichten, tiefe Spuren hinterlassen. Stilla stammt aus dem Geschlecht der durchaus mächtigen Grafen von Abenberg, vermutlich ist sie eine Tochter Rapotos von Abenberg, dessen Lebensdaten man in Urkunden von 1122 bis 1172 ansetzen kann.
Es wird berichtet, dass Stilla mit drei Gefährtinnen ein sehr zurückgezogenes, Gott und dem Gebet geweihtes Leben geführt habe. Vor allem der Armen, Kranken und Notleidenden der kleinen Ansiedlung hat sie sich angenommen. In der ersten uns bekannten Lebensbeschreibung Stillas durch der Abenberger Nonne Monika Farket im Jahr 1593 ist zu lesen: „besunder in der tugend der demütigkeit und parmherzigkeit hat sie sich allezeit geübt und hat den armen gedient und mildiglich das almusen geben, die gewöhnlich zu ir kamen, der sie dann pflag und sie tröst als ein mutter. Mit ihren dienstberlichen werken und ihrem heiligen segen über die kranken, die davon wurden gesund.“
Auf einer im Tal gelegenen kleinen Anhöhe, von Burg Abenberg aus gut sichtbar, ließ sie zu Ehren der Apostel Petrus und Paulus ein Kirchlein errichten, das um 1136 von Bischof Otto von Bamberg geweiht wurde. Ursprünglich hatte Stilla wohl auch die Absicht, dort noch ein Frauenkloster zu errichten, diesen Plan konnte sich jedoch nicht mehr ausführen. Erst 1488 wurde durch die Initiative des Eichstätter Fürstbischofs Wilhelm von Reichenau neben der Kirche das Augustinerinnen-Kloster Marienburg gebaut.
Auch um Stillas Tod rankt sich eine Legende. Es wird berichtet, dass sie kurz vor ihrem Tode einen Schleier — in anderen Versionen handelt es sich um einen Handschuh — vom Fenster ihrer Kemenate aus in die Luft warf mit den Worten:
„Dort wo er niederfällt, da möchte ich einmal begraben sein.“ Der Schleier flatterte vom Wind getragen über die Häuser von Abenberg hinweg bis ins Tal und blieb am Turm des von ihr gestifteten Kirchleins hängen. Nach Stillas Tode wollten ihre Verwandten gemäß der Familientradition der Grafen von Abenberg im Münster Heilsbronn, der Grablege der Abenberger, bestatten. Doch das Pferdegespann war nicht von der Stelle zu bewegen; dann setzten sich die Tiere von selbst in Bewegung und schlugen den Weg Richtung Peterskirchlein ein. An drei Stationen im Ort machten das Fuhrwerk Halt, ehe es schließlich vor dem Portal des Kirchleins zum Stehen kam. Und so wurde Stilla schließlich doch in Abenberg, in ihrem Kirchlein begraben. Dort findet sich auch heute noch ihr Grab, mit einem etwa aus dem Jahr 1220 stammenden Epitaph. Es zeigt eine Frauengestalt im typischen Gewand dieser Zeit, in der Hand ein kleines Kirchlein. Dieser Grabstein ist sicherlich das älteste Zeugnis der Stilla von Abenberg.
Schon bald setzte die Verehrung dieser ungewöhnlichen Frau aus dem Mittelalter ein, eine rege Wallfahrt zu ihrem Grab ist seit 1480 urkundlich verbürgt. „Ich hab gesehen und gelesen 55. In teutscher Sprach zusammen geschriebenen offenbahre Miracul (Wunder), welche Gott durch die Verdienst der seeligen Stilla dem andächtigen Völcklein erwisen, die Blinde sehen, die Krumme giengen, die Taube hörten, der mit Pestilentz angesteckte Lufft ward gereiniget, Kopffschmertzen vergiengen, die schon halb Verstorbene. wurden aus dem Rachen des Tods heraus gerissen“, so berichtet eines der ältesten, erhaltenen Stillabüchlein aus dem Jahre 1757. „Andere sonderbare Merckwürdigkeiten wird der bleibten Kurtze halber geflissener unterlassen, und zum Ende nur dieses angemercket, daß bey wieder Erbauung des Anno 1675 durch unversehenes Feuer abgebrannten Kirchleins aus dem Grabe der seeligen Stilla und hinnach öffters ein kostbahrer Balsam-Geruch zum Trost und Schröcken der Gegenwörtigen seye verspüret worden.“ Auch die Klosterzerstörung durch die Säkularisation (1803) konnte die Stillaverehrung nicht mindern. Mit der Klosterwiedergründung 1920 durch Franziskanerinnen und nicht zuletzt die Seligsprechung 1927 wurden Verehrung und Wallfahrt tiefer verankert. Noch heute zeugen Votivtafeln vom Jahrhunderte alten Gebet zur Grafentochter und Stadtpatronin Abenbergs, das jeweils am Stilla-Fest mit vielen Wallfahrern aus nah und fern ihren alljährlichen Höhepunkt erlebt.
Das nächste Stillafest ist am Sonntag, 16. Juli 2023.
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